aus: www.bloom.de, 06.07.2004
Sampler - Hauptstadt-Ska Vol. 1
Dass Berlin eine sehr lebendige und aktive Ska-Szene hat, bewies nicht zuletzt die
"Ska in Berlin"-Serie des Alternativ-Musikmagazins Wahrschauer vor zwei Jahren. Wer in der
Hauptstadt Ska, Rocksteady oder Reggae hören möchte, hat an keinem Wochentag Probleme, Clubs oder Konzerte zu
finden, welche die Offbeat-Sucht befriedigen. Im Gegenteil: Oft herrscht die Qual der Wahl. Die Berliner
müssen sogar zwischen drei Ska-Festivals wählen: den SkaLympics, dem Ska-Festival in Potsdam
und der ApoSKAlypse.
Eine der letzten verbliebenden Lücken der Berliner Ska-Szene wird nun von dem neu gegründeten Label
Skaro Records gefüllt. "Hauptstadt-Ska" heißt die neue Sampler-Reihe, die sechszehn
Berliner Ska-Bands auf einer CD versammelt. Ein Stunde lange reihen sich zehn Jahre alte Songs ("Horrorfilm")
neben vielversprechende Lieder neuer Bands ("Wellenreiter") und unveröffentlichte Perlen längst
aufgelöster Kult-Bands ("The Surfer King").
Den Anfang macht die musikalische Crème De La Crème: The Special Guests, die Ginsengbonbons,
Yebo, Skatoon Syndikat, die Ruffians, De Ruths, Mutabor und Tiefenrausch
(dessen Sänger Ludwig Westarp Skaro Records gründete) geben sich die Ehre. Außerdem gibt es
erfreulicherweise ein Wiedersehen mit der alten, mittlerweile aufgelösten Garde: Mother's Pride,
The Butlers und Engine 54. Doch so traurig der Verlust dieser Bands ist, die Musiker wechseln
ihre Bands wie Hemden und spielen weiter. Der Beweis auf CD: Lionsclub (Ex-Butlers) mit einer
relaxten Instrumentalversion von "Inspector Gadget" und Rolando Random & The Young Soul
Rebels (Ex-Mother's Pride). Auch der Nachwuchs wird in Form von Wood In Di Fire (seit 2000), den
Marycones (seit 2001) und Solitos (seit 2003) berücksichtigt.
Stilistisch fällt auf, dass die meisten Bands kräftig auf die Tube drücken, als gäbe es einen Preis für
den, der am schnellsten das Studio verlässt. Dazu wird die E-Gitarre verzehrt und fertig ist der typisch
punkige Berliner Ska. Doch Berlin wäre nicht die Hauptstadt, gäbe es nicht für jeden seine Nische und so
halten Lionsclub und Yebo die Fahne des ruhigen, jamaikanischen Ska hoch.
In weiser Voraussicht wurde dem "Hauptstadt-Ska"-Sampler gleich der Zusatz "Vol. 1"
verpasst, denn mit einer CD lässt sich das breite Spektrum Berliner Ska-Bands nicht abdecken. Spontan fallen
mir zum Beispiel Astrobugs, Blascore (aufgelöst), Blechreiz (aufgelöst), Cool Breeze,
Finishit (aufgelöst), Knattertones, Lex Barker Experience, Malatesta (aufgelöst)
und Skaquadrat ein, die einen Platz auf dem zweiten Sampler verdient hätten. Dazu kommen die vielen
enthusiastischen jungen Menschen, die immer wieder neue Ska-Bands gründen und nach einer überraschend guten
CD oder Kassette verschwinden. Eine wahre Guerilla-Ska-Szene. Umso lobenswerter das Bemühen von Skaro
Records, diese Veränderungen mit einer neuen Sampler-Reihe festzuhalten. Weiter so!
Robert Kneschke
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